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Beziehungen konstruktiv gestalten, trotz destruktiver früher Bindungserfahrungen - geht das?


Eine Patientin sagte letzte Woche zu mir, dass sie das Gefühl habe, Beziehungen mehr schätzen zu können, aufgrund ihrer frühen negativen Bindungserfahrungen mit den Bezugspersonen.

Es könne nur dort etwas wachsen, wo es Regen gegeben hätte.

Mir hat diese positive Sicht gefallen und ich bin der Überzeugung, dass Erfahrungen uns formen und wachsen lassen können.

Frühe, unsichere Bindungserfahrungen machen uns in der Regel jedoch das Leben eher schwer.

Meine Patientin z.B. hat große Schwierigkeiten vertrauen zu können und sich mit all ihren Facetten dem Gegenüber zu zeigen - ist die Angst doch zu groß, wieder zurückgelassen zu werden. Sie versucht es der anderen Person rechtzumachen und zieht sich aus dem Kontakt zurück, wenn es ihr selbst mal schlecht geht. Sie hält sich also nur für liebenswert, wenn sie ihre Bedürfnisse versteckt und die des Gegenübers erfüllt - Selbstaufgabe also. Somit kann sie Beziehungen nicht aktiv mitgestalten und fühlt sich oft ausgeliefert. Das Gegenüber hingegen, weiß nie genau woran es ist, da meine Patientin sich ja nie als Ganzes zeigt und sich häufig plötzlich zurückzieht, wenn sie sich nicht stark genug fühlt. So eine Beziehung kann nie auf Augenhöhe stattfinden, da ein ganzer Teil meiner Patientin unentdeckt bleibt. Das Gegenüber führt die Beziehung also nur mit einem Teil meiner Patientin: der starke, versorgende Teil. Der bedürftige Teil bleibt außenvor.

In der Therapie lernt sie, sich ihren verletzten Anteilen bewusst zu machen und diese zu integrieren, um die schlechten Erfahrungen in der Gegenwart nicht mehr reinszinieren zu müssen. Sie lernt sich von der Idee abzugrenzen, nur geliebt werden zu können, wenn sie für andere da ist und keine Forderungen stellt. Dazu muss bewusst werden, wo diese Annahme überhaupt herkommt, damit sie sie dahin zurückgeben kann. Dieses Selbstbild gehört nicht zu ihr, es wurde ihr nur auferlegt und sie versucht, dieses zu bestätigen - mit einem sich wiederholenden Beziehungsmuster. Machen wir uns nicht bewusst, aus welcher Zeit und von wem unsere negativen Glaubenssätze stammen, haben wir uns selbst dazu verdammt, diese weiter zu leben.


Warum reinszinieren Menschen überhaupt schlechte Erfahrungen - also bringen sich selbst immer wieder in eine Situation, die zu ihrem Nachteil ausfällt?


Wir dürfen nicht unterschätzen, wie lieb jemandem sein Problem ist.

Denn in unseren gewohnten (destruktiven) Verhaltensweisen und Beziehungsmustern fühlen wir uns zu Hause = Sicherheit.

Veränderung bedeutet immer die Sicherheit zu riskieren. Und die geben wir alle nicht gern auf. So bewahren wir uns vor der Ungewissheit - aber auch vor den schönen, neuen Erfahrungen die hinter der Tür der Veränderung auf uns warten. Täglich begleite ich Menschen auf dem aufregenden Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Wenn auch Sie bereit sind, diesen Pfad anzutreten, wünsche ich Ihnen nur das Beste für Ihre Entscheidung - ich unterstütze Sie gern dabei!

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